Am 18. Mai 2019 nahm ich an meinem allerersten #InstaWalk teil. Auch für das Stadtmuseum Simeonstift in Trier war dies eine Premiere, sie probierten dieses Format erstmals aus. Die aktuelle Sonderausstellung „Um angemessene Kleidung wird gebeten – Mode für besondere Anlässe von 1770 bis heute“ war dafür eine absolut gelungene Wahl. Wunderschöne und spannende Anlasskleidung aus ca. 250 Jahren, vom Taufkleid zur Trauerkleidung, von Ballroben zur Notkleidung aus Kriegszeiten – sie sind ein wahrer Augenschmaus. Die Mehrzahl der präsentierten Kleider entstammen der Privatsammlung von Ralf Schmitt, der auch Teil des Kuratoren-Duos der Ausstellung ist. Dazu aber später mehr.
Der #InstaWalk führte uns zunächst jedoch an die Hochschule Trier, in die Ateliers des Fachbereichs Modedesign. Dort empfing uns Ralf Schmitt, der dort auch in der Lehre tätig ist. Wir erhielten spannende Einblicke in einen Ort, an dem seit Gründung der Modeklasse der Werkkunstschule 1922 in Trier ununterbrochen Modedesign gelehrt wird. Rekord zumindest Deutschlandweit, wie wir erfahren durften.
Auf Instagram, Twitter und Co findet man unter #modestadt_trier die meisten Ergebnissen unseres Besuchs der Modeateliers. Ich sage ganz bewusst „die meisten“. Zwar wurden den TeilnehmerInnen im Vorfeld die Hashtags des Tages #modestadt_Trier und auch #photoMW und #MuseumWeek mitgeteilt, es wäre aber gut gewesen, uns diese am Tag selbst noch einmal an die Hand gegeben hätte. Also mir hätten Namenschilder mit Instagram-, Twitter- und Co – Namen der Teilnehmenden sowieso gut gefallen, darauf hätte man dann gleich alle weiteren relevanten Hashtags und Social Media-Accounts des Museums und des Fachbereichs Modedesign und der Hochschule Trier angeben können. Ich hatte während des InstaWalks grad schon genug damit zu tun, regelmäßig zu posten, ohne was Wesentliches zu verpassen. Eine Suche nach wichtigen Hashtags und Institutionen war da kaum möglich. Nur so als kleine Anregung fürs nächste Mal.
Die Ausstellung sahen wir dann gemeinsam mit den Mitgliedern des Freundeskreises des Museums bei einer Preview-Führung durch die beiden Kuratoren. Ich schloss mich der Gruppe unter Leitung des Sammlers Ralf Schmitt an.
Und was soll ich sagen? Mit seiner Begeisterung und Liebe zu jedem einzelnen Kleid, seiner großen Expertise sowohl zur Kulturgeschichte der Kleider als auch zu Materialkundlichen und konservatorischen Aspekten, zu Design und Gestaltung machte er die Führung zu einem Erlebnis ganz besonderer Art. Dazu trug natürlich auch die wunderschöne Ausstellung bei. Nicht nur die besonderen Exponate, sondern auch das Konzept sind sehr gelungen. Im Vorfeld der Ausstellung richtete das Museum einen Aufruf an die Öffentlichkeit, Fotos oder Exponate einzusenden, die Geschichten dazu zu erzählen, um so Teil der Ausstellung zu werden. Und diesem Aufruf wurde Folge geleistet. So kamen ganz besondere Exponate zusammen. Ein Hochzeitskleid aus einem Dorf in der Eifel, das in der Nachkriegszeit aus Fallschirmballonseide genäht wurde. Ein Abendkleid, das eine Dame der Trierer Gesellschaft bei den Salzburger Festspielen trug – zusammen mit den Fotos des Anlasses und, das war berührend, einer Zeichnung des Kleides, die ihr Ehemann für die kleine Nichte anfertigte, die die Kleider ihrer Tante so sehr liebte. Ralf Schmitt erzählte mitreißend davon, wie er die Sammlung über viele Jahre zusammentrug, über das Leid des Sammlers, der für seine Leidenschaft auf vieles verzichtet und über jedes neue Stück glücklich ist.
Spannende Details und noch laufende Forschungsfragen (z.B. gehörte das ausgestellte Dior-Kleid wirklich Sophia Loren?) und Werkstattberichte der oftmals schwierigen Restaurierung und Konservierung, die unglaublich aufwändige Arbeit, die nötig ist, um historische Kleidung zu präsentieren… all das und noch vieles mehr lernten wir an diesem Abend.
Die Ausstellung ist wirklich empfehlenswert. Aber bitte mit Führung besuchen! Das ist nämlich meine Einschränkung, die vielleicht auch als Frage an das Museumsteam zu verstehen ist. In der Ausstellung wurde bewußt sparsam mit Texten umgegangen. Gedruckte Stationstexte in zwei Sprachen bieten Überblicksinformationen. Bei den Kleidern sind Objektnummern angebracht. Am Abend des Preview waren allerdings keine Objekttexte aufzufinden, auf die sich die Nummern bezogen. Zu den einzelnen Kleidern waren also keine Informationen zu erhalten. Vielleicht wurde das aber auch noch nachgereicht?
Aber selbst wenn dem so sein sollte, bleibt meine Feststellung: Diese wunderschöne Ausstellung wurde erst wirklich belebt durch die fesselnde Führung durch den Sammler. Daher auch der Titel des Blogbeitrags „Was Kleider erzählen (könnten)“. Diejenigen, die die Ausstellung ohne Führung besuchen werden, werden leider nicht in den gesamten Genuss kommen. Das Mitreißende wird wohl fehlen.
In diesem Falle würde ein Mediaguide echten Mehrwert darstellen. Man könnte z.B. Viedeoaufnahmen bieten, in denen Sammler so lebhaft (wie er während der Führung selbst sagte „im Plaudermodus“) von seinen Exponaten erzählt. Filme oder Bilder von der Restaurierung wären interessant, Geschichten zu den Fotos Trierer BürgerInnen, die sich vielleicht auch selbst dazu äußern könnten. Außerdem könnten neue Erkenntnisse (z.B. zum „Sofia Loren“ Kleid?) später eingefügt werden. Vielleicht melden sich ja auch noch weitere TrierInnen, die interessante Anlassmode und Bilder davon zu Hause haben. Sie könnten dann wenigstens digital Teil der Ausstellung werden.
Nicht immer müssen Mediaguides, Audioguides und Co sein. An diesem Beispiel lässt sich meines Erachtens jedoch sehr gut zeigen, wie gerade hier multimediale Medien tatsächlich ein wichtiger und integraler Bestandteil einer Ausstellung sein könnte, wenn gerade keine personale Vermittlung stattfindet. Die, ich kann es nicht oft genug sagen, schöne und klug konzipierte Ausstellung, würde dadurch sicher noch mehr gewinnen.
alle Fotos: B. Weber-Dellacroce, tuomi S.A.